Outdoorpädagogikseminar

Es ist ein wunderschöner, spätsommerlicher Septembermorgen, an dem sich das Team der FreizeitassistentInnen von Integration Wien in einem der vielen Seminarräume des Hotel Flackl trifft. Idyllisch gelegen, am Waldrand von Reichenau, am Fuße der Rax, bietet es die richtige Kulisse um vom städtischen Alltag auszubrechen und Neues über sich selbst und seine TeamkollegInnen zu erfahren.

Nach einer Vorstellungsrunde und dem Austausch von „Geheimnissen“ in Kleingruppen geht es dann auch gleich in die Natur. Bei verschiedenen Spielen können wir unsere Grenzen an- und übertreten und erleben, was Teamsein bedeutet, warum Führung aber auch Verantwortung wichtig sind und die Erfahrung machen, dass manche Aufgaben nur als Gruppe zu schaffen sind.

Outdoortage_FZA TeamTrainingAls Einstieg sollen wir uns alle paarweise nebeneinander anordnen und bekommen folgende Aufgabe gestellt: Ein Lawinenstab wird auf die ausgestreckten Zeigefinger von uns allen gelegt. Wir sollen ihn alle gemeinsam ablegen, ohne dass unsere Finger den Kontakt zum Stab verlieren. Nichts leichter als das? Falsch gedacht. Der Stab entwickelt ein unerwartetes Eigenleben und steigt immer höher und höher, jetzt wissen wir auch, was Lukas, unser Coach, mit „manchmal fliegt er auch“ meinte. Wir brauchen noch mehrere Anläufe und eine genaue Absprache, um diese auf den ersten Blick einfache Aufgabe lösen zu können.

Diese Lektion zieht sich durch den ganzen Vormittag und vertieft sich spielerisch mit jeder weiteren Station. Ob wir nun versuchen, gemeinsam einen fliegenden Teppich umzudrehen, ein rohes Ei vorbei an natürlichen Hindernissen sicher an sein Ziel zu bringen oder durch ein enges Netzwerk aus Spinnfäden zu schlüpfen ohne diese zu berühren. Der Grundgedanke dieses Workshops wird uns immer bewusster und ergänzt sich zu einem inneren Bild.

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Nach einem guten Mittagessen wandern wir etwas tiefer in die Wälder. Wir sind dabei jeweils in Zweier-Teams über Seile verbunden. So sollen wir den Weg nutzen können, uns gegenseitig zu coachen. Auch das Befreien aus den gemeinsamen Fesseln entpuppt sich als pädagogischer Seitenhieb. „Erkennt die Lücke im System“, erklären uns Lukas und Ben immer wieder und wirklich: das Seil lässt sich durch eine winzige Bewegung entfernen. Eine wunderbare Metapher, um das Wechselspiel der unterschiedlichen Elemente jedes sozialen Gefüges zu veranschaulichen und zu zeigen, wie kleine Veränderungen im wahrsten Sinne des Wortes den gordischen Knoten lösen können.

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Das erste Hochseilelement nennt sich Himmelsleiter, eine überdimensionale Strickleiter, 10m hoch, unter den Baumwipfeln angebracht. Jede Sprosse so hoch wie ein durchschnittlicher Mensch. Der Atem stockt uns bei dieser Herausforderung. Jeweils zu zweit wagen wir uns an diese Challenge, die anderen TeammitgliederInnen sichern die Kletterer dabei mit bloßen Händen. Die Hürden lassen sich nicht alleine überwinden, doch im Team schaffen alle, die antreten, den Aufstieg mit vereinten Kräften und wieder wachsen wir als Gruppe über uns hinaus. Emotionen kommen hoch, der Verbund von Angst und Freude wird uns bewusst.

Am zweiten Kletterparkour versuche auch ich mich. An einem 20 Meter langen Hochseil hängen verschiedenste Elemente, Wippen, Strickleitern, Schaukeln, alle so weit voneinander entfernt, dass es aus eigenem Antrieb nicht möglich erscheint die jeweils nächste Hürde zu erreichen. FZA TeamTraining_07Ich versuche diese Aufgabe mit meiner Freundin Kerstin, wir legen Klettergurte an und werden über eine kurze Doppelsicherung miteinander verbunden. Über eine Leiter steigen wir in die Baumkronen auf, oben angekommen schaue ich nach unten. Die Teamkolleginnen am Boden ziehen gemeinsam das erste Element, einen Schwebebalken mit Seilen, möglichst dicht zu uns. Nun müssen meine Partnerin und ich, stabilisiert von der Gruppe, möglichst synchron auf den Balken steigen, um das Gleichgewicht halten zu können. Es klappt, wir hangeln uns von einem Element zum anderen. Mithilfe unseres Teams erreichen wir nach beschwerlichen Minuten das Ende und sind froh, bald wieder das Laub unter unseren Füßen zu spüren. Aber wir spüren auch die Kraft der Gemeinschaft.

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Schließlich steigen wir erschöpft aber auch voller neuen Feuers zum Seminarzentrum ab. Die Abschlussrunde gestaltet sich kurz, bringt aber alles Wesentliche auf den Punkt. Beim gemeinsamen Abendessen lernen wir uns und unsere Coaches noch etwas privater kennen, bevor es dann für die meisten wieder zurück nach Wien geht. Einige KollegInnen haben sich auch für eine Übernachtung entschieden. Ein toller Tag, der sicher allen noch lange in Erinnerung bleibt. Charismatische Coaches, mit tollen Ideen und einem Gespür fürs Wesentliche. Ausgezeichnet konzipiert, strukturiert und vorgetragen. Ein guter Mix aus psychosozialen Modellen, Skills und auch einfach Input und Infragestellung des Tuns. Sicher konnte jeder der FreizeitassistentInnen von Integration Wien etwas für seine Arbeit herausziehen.

Jochen Seewald, Freizeitassistent bei Integration Wien