Archiv für den Monat: November 2018

Bens Rückblick auf die Zeit als Freizeitassistent

Liebe Leser/innen,

nach knapp fünf Jahren als Freizeitassistent bei Integration Wien und um unzählige, wertvolle Erfahrungen reicher, möchte ich rückschauend in den folgenden Zeilen gerne einige Punkte ansprechen, die mir persönlich sehr wichtig sind.

Zum einen möchte ich mich bei allen Klienten/innen und Freizeitassistenten/innen bedanken. Viele tolle Ausflüge und Fortbildungen lassen einen manchmal denken, man macht eine Unternehmung mit Freunden. Selten durfte ich ein solch herzlich offenes, aber auch erfrischend direktes und ehrliches Miteinander erleben. Ich denke, eine solche Einstellung zum MITEINANDER ist deshalb etwas, was uns – nicht nur innerhalb des Vereins – maßgeblich kennzeichnet.

Hinter jeder Fortbildung, hinter jeder Supervision und jedem Coaching steckt eine Menge Organisation und Energie. An dieser Stelle möchte ich deshalb dem ganzen Team, insbesondere Verena, danken, mit der ich viele tolle und produktive Gespräche geführt habe. Stets mit einem gegenseitigen offenen Ohr und großem Engagement macht Integration Wien immer wieder deutlich, mit welcher Ehrlichkeit und Herzlichkeit man im Team zusammenarbeiten kann.

Für viele Menschen ist die Begegnung mit Menschen mit Behinderungen nicht selbstverständlich. Gerade hier setzen die Projekte von Integration Wien an. Insbesondere die Freizeitassistenz zeigt sich hier in der Öffentlichkeit und macht auf sich aufmerksam. Denn das Leben hat unendlich viele Facetten und man sollte sich nicht davor scheuen, offen neuen Situationen und Perspektiven entgegenzutreten.

Seit 1986 arbeitet Integration Wien für eine unteilbare Integration von Menschen mit Behinderung in unsere Gesellschaft. Vertrauen in eine positive und gestaltbare Zukunft ist dabei sicher essenziell, allerdings braucht es auch eine profunde, proaktive Öffentlichkeitsarbeit – und eventuell auch wieder einen Schritt in die Politik, um sich für dieses Ziel aktiv einzusetzen. Das wünsche ich mir, dem Verein und seinen Mitgliedern.

Eine gute Zeit

Ein Beitrag von Benedict Deiß, ehemaliger Freizeitassistent bei integation wien

Lernen der Gebärdensprache im Club Behinderter Menschen und Ihrer Freunde

Vio

Es ist wieder erster Dienstag des Monats und das bedeutet, dass Vio und ich uns auf dem Weg zum CBMF machen. CBMF steht für „Club Behinderter Menschen und Ihrer Freunde“ und ist ein nettes Club/Kaffehaus im 2en Bezirk mit zahlreichen Veranstaltungen, Workshops und Events für Menschen mit und ohne Behinderung. Eine der Veranstaltungen, die im Club regelmäßig stattfindet und die uns zwei am meistens interessiert ist der Gebärdensprachekurs.

Kurz nach 14 Uhr sind wir da. Schon beim Eingang spürt man die einladende und freundliche Atmosphere, als uns alle Gäste begrüßen und sich etwas zusammenquetschen, um mehr Platz beim Tisch für uns zu machen. Nachdem wir es uns bequem gemacht haben und je einen Kakao bestellt haben, stellen sich Andreas und sein Assistent vor. Andreas, der selber gehörlos ist, bereitet jedes Monat eine Kurseinheit vor, und „unterrichtet“ gemeinsam mit seinem Assistent alle die im Club anwesend sind und Lust haben etwas Neues zu lernen.

Und wie bei jeder ersten Stunde eines Sprachkurses, lernt man als erstes sich vorzustellen und zu begrüßen. Schnell haben wir aber auch ein paar Schimpfwörter gelernt, als Andreas begonnen hat mit seinen Bekannten Spaß zu machen. Nach einer halben Stunde haben wir schon alle Wochentage, Jahreszeiten und einige tägliche Ausdrücke gelernt, die Vio zwar schon gekannt hat und dann später mit mir noch geübt hat. Am Ende haben wir auch den Zettel mit Ilustrationen von alle gelernten Ausdrücken bekommen, den Andreas selber gemacht hat.

Wir freuen uns schon auf nächsten Kurs, um wieder etwas Neues zu lernen und einfach die gemütliche Stimmung zu genießen.

Jelena Cekerevac, Freizeitassistentin bei integration wien

Graben mit Genuss: Erdäpfelernte am Dreierhof

Gruppenausflüge sind bei der Freizeitassistenz willkommene Gelegenheiten, um gemeinsam mit vielen Jugendlichen und ihren AssistentInnen etwas Nettes zu erleben. Ein beliebtes Ausflugsziel ist der Dreierhof von Eva und Anton Hieret geworden. Neben immer sehr gutem Essen, erwartet die BesucherInnen auch eine Schar von (Therapie-)Tieren.

Der besonders liebevoll geführte Bio-Bauernhof liegt auf einem Hügel in Maria Anzbach im Landschaftsschutzgebiet des Biosphärenparks Wienerwald, etwa 30 km westlich von Wien. Eva und Anton Hieret bewirtschaften seit 1986 den Mischbetrieb mit 27 ha Ackerland, 23 ha Wald und 5 ha Wiesen. Am Hof leben neben der Familie noch Schafe, Pferde, Schweine, einige Hühner wie auch Katzen und zwei bezaubernde Hofhunde.

Im April dieses Jahres haben wir den Bauernhof schon einmal besucht (hier geht’s zum Blogbeitrag vom April 2018). Weil es allen so gut gefallen hat, wollten wir im Herbst noch einmal kommen – diesmal für die Erdäpfelernte.

Ein Tag, der in Erinnerung bleibt

Die Schnellbahn bringt uns in nicht mehr als 40 Minuten ans erste Etappenziel. Hier erwartet uns noch eine kleine, aber nicht unanstrengende Wanderung, denn der Bauernhof liegt auf einem Hügel. Über das Wetter redet man ja eigentlich nur, wenn einem sonst nichts einfällt, aber diesmal muss wirklich festgehalten werden: wir haben ein riesen Glück damit! Ende Oktober und wir spazieren in kurzen Sachen im Sonnenschein durch die prächtigsten Herbstfarben. Immer wieder überraschend, wie farbgewaltig die Natur sein kann.

Am Hof angekommen gibt es richtig schmackhaften Apfelsaft und viele Freude über das Wiedersehen! Dann machen wir uns auch schon auf den Weg zum Acker. Der Weg dahin ist naturbelassen und so wird es zur gemeinschaftlichen Aufgabe, mit den Rollis besonders nah an das begehrte Nachtschattengewächs zu kommen, denn die Knollen schlummern noch unter der Erde.

Bauer Anton kommt mit dem Traktor und wirbelt uns die Erdäpfel aus dem Boden. Mit großen Säcken bewaffnet wird gepflückt! Und als hätten wir nie etwas anderes gemacht, füllen sich die Beutel im Nu. Doch wir sind noch weit entfernt vom gewünschten Zustand unseres Mahls.

Die Zubereitung

Schritt eins: Die Beute zurück zum Hof bringen. Schritt 2: Die Kartoffeln richtig gut waschen und in entsprechende Form schneiden. Schritt 3: Evas exzellentes Kräutersalz (mit über 20 Kräutern) und qualitatives Olivenöl als Marinade verwenden. Schritt 4: Ab in die ehemals stillgelegte Backstube und rein in die großen Öfen mit dem Essen.

Unsere knurrenden Mägen werden in der Wartezeit (45 Minuten) durch tierische Bekanntschaften abgelenkt. Zugegeben, ein Kuss von einem Pferd und ein kumpelhafter Rempler von einem Schaf können einen schon mal aufs Essen vergessen lassen.

Das Resümee eines großartigen Tages

Aber nachdem Jugendliche und AssistentInnen das Mittagessen in gemeinschaftlicher Arbeit, so fleißig zubereitet haben, wollen alle nun endlich das Ergebnis testen.
Tartüffeln, Erdbirnen, Hollandeier, Potaken, Pantüffeln, Bulwen, Grumbeeren, Bramburi oder schlichtweg Erdäpfel– wie immer man sie auch nennen mag – sie schmecken großartig und es gibt wohl niemandem aus der Gruppe, der/die nicht zumindest einmal Nachschlag holt.
Das Salz von Eva, die großen leistungsstarken Öfen und der Spaß sind wohl alles Faktoren dafür, dass unser Mittagessen sooo lecker geworden ist.

Eine lustige Geschichte am Rande; Eva und Anton bauen die Erdäpfel nicht für den Verkauf an, da müsste man dann größere Geschütze auffahren, damit es sich auszahlt. Nein, der Erdäpfelacker ist nur für Schulklassen, Werkstätten und BesucherInnengruppen angelegt, um das außergewöhnliche Erlebnis des Erntens und Zubereitens zu ermöglichen.

Satt und zufrieden machen wir uns also dann auf den Heimweg. Wer sich untereinander noch nicht kannte, hat sich durch die gemeinsame Arbeit richtig kennen gelernt und wer schon vertraut war, der ist noch ein Stück näher zusammengerückt.
Ein Ausflug mit Mehrwert und Nährwert!

Ein Beitrag von Steffi Weislein, Mitarbeiterin der Freizeitassistenz