David und Julian auf dem Weg zum Poetry Slam in Salzburg

Folgende Zeilen beschreiben die Entstehung einer Geschichte, einer Geschichte, verfasst von David: Ich flanierte gerade den Donaukanal entlang, als mich mein läutendes Handy aus der Kontemplation riss. David war am Telefon und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte ihn auf einen Poetry Slam nach Salzburg zu begleiten. Etwas überrumpelt fragte ich ihn nach den Details, dieses doch nicht alltäglichen Unterfangens. Es stellte sich heraus, dass Davids Ambitionen weit höher waren, als bloß die Zuschauerrolle bei einer derartigen Veranstaltung einzunehmen, nein, David wollte selbst auf die große Bühne, doch um teilnehmen zu können brauchte er einen Mitstreiter – und der sollte ich, sein Freizeitassistent, sein.
Meine anfängliche Skepsis, durch Lampenfieber und Bühnenscheu bedingt, verflog als mir das literarische Talent Davids wieder in den Sinn kam. David, so die Legende, griff bereits Sekunden nach seiner Geburt nach dem Kugelschreiber, der sich in der Brusttasche des ihn untersuchenden Arztes befand, hätte die Hebamme damals sein zartes Händchen nicht ergriffen, er hätte wohl just in diesem Moment zu schreiben begonnen.
Ich stimmte also, zu Davids großer Freude, zu!

Um uns bestmöglich auf das anstehende Ereignis vorzubereiten, nahmen David und ich an einem Schreibworkshop teil. Dort spitzten wir sowohl den Bleistift, als auch die Ohren, und stimmten uns auf das im Poetry Slam behandelte Thema, die Erde 2050, frei von Erdöl ein, zu dem uns die Workshop-Leiterin zusätzliche Informationen lieferte.
Wir schwelgten also in Zukunftsvisionen, malten uns utopische und dystopische Szenarien aus, wie es wohl mit unserer Erde weiter gehen würde. Anschließend brachte uns die Vortragende noch einige Textformen und Schreibtechniken näher, und eine Rohfassung von Davids Text, welchen er in den darauffolgenden Wochen noch zu einem wahren sprachlichen Juwel schliff, entstand.

Die nächste Station unserer Reise, war gleichsam der nächste Workshop. Diesmal wurde die richtige Präsentation des Textes geübt und verfeinert, denn was nützt der beste Text, wenn er nicht mindestens ebenbürtig präsentiert wird. David konzentrierte sich vor allem auf die Betonung der verschiedenen Textstellen, und eine erfahrene Poetry-Slammerin stand uns mit hilfreichen Tipps zur Seite. Wir einigten uns darauf, dass die Sprechrolle ganz bei David liegen sollte, ich selbst war, ausgerüstet mit Symbolkärtchen, behilflich.
Wir waren also bestens vorbereitet und die Reise nach Salzburg näherte sich.

Am Tag des Poetry Slams traf ich David am Wiener Hauptbahnhof. Die Tickets hatte Davids Mutter bereits besorgt, wir machten es uns also im Zug bequem, und ließen uns nach Salzburg befördern. Nach 2,5 Stunden entspannter Fahrt erreichten wir die Mozartstadt, wo ein schickes Hotelzimmer auf uns wartete. Wir checkten dort ein, probten unsere Performance noch einige Male und machten uns, mit immer größer werdender Spannung, in Richtung Veranstaltungsort, der “TriBühne Lehen“, auf. Dort angekommen zogen wir uns unsere schicksten Hemden an, und fieberten unserem Auftritt entgegen. Wie es bei Poetry Slams üblich ist, wurden die „Startnummern“ gelost, David und ich zogen die Nummer 3, gleich würde es also losgehen. Als wir aufgerufen wurden, stürmte David sogleich auf die Bühne, sodass ich erst einige Sekunden später bei ihm sein konnte. David brillierte beim Vortrag seines Textes, stillsicher und locker machte er sich die Bühne zu eigen, jede Textzeile saß, jede Pointe traf. Auch ich präsentierte meine Kärtchen mit der Eleganz eines Peter Rapps, wie ich unbescheiden anmerken muss. Euphorisch verließen wir die Bühne, und lauschten den Texten der nachfolgenden TeilnehmerInnen.
Schließlich wartete die große Entscheidung auf uns, der Poetry Slam war nämlich die Vorentscheidung für das große Finale in Linz im Oktober 2018. Hatten wir es geschafft?
Tatsächlich wurden unsere Namen aufgerufen, David und ich erreichten das Finale!
Vor Freude fiel er mir um den Hals, ja, wir hatten es geschafft!

Wir ließen den Abend also noch bei einem guten Gläschen Wein ausklingen, verarbeiteten die vielen Impressionen und Emotionen, ließen einige Momente des gemeinsamen Weges Revue passieren, und genossen den Moment!

David hatte viele Dinge, wie das Schreiben seines Textes, selbstständig gemeistert, ich stand ihm, ebenso wie Familie und Freunde, unterstützend zur Seite. Dies glaube ich ist das Wichtigste an dieser Geschichte, und ganz die Ambition der Freizeitassistenz.

Ein Beitrag von Julian Reitetschläger, Freizeitassistent bei Integration Wien